Kein Geld für Brötchen

Mit Seramis im Schritt unter gleißendem Sonnenlicht bahne ich mir meinen Heimweg über bunterbrochene Gehsteige hin zur rettenden Haltestelle. Ein feuchtes Tuch könnte weiterhelfen. Ungeschützt wage ich den Griff tief in die Jackentaschen. Wie bei einer 14 Jährigen kolumbianischen Seemanstochter finde ich nichts zu greifen. Abgebrannt. Stolz zeige ich ungefragt völlig fremden Passanten, die wie ich auf die Straßenbahn warten, meine Paybackkarte. Doch damit lässt sich nicht punkten. Menschen, die die Nacht nicht auf einer Zweisitzercouch in biergetränkten Hosen geschlafen haben distanzieren sich von meinem verquollenem Äußeren. Ein kleiner Junge zeigt mit dem Finger auf mich. Wie gern säße ich jetzt am Frühstückstisch und Olaf reicht mir die Butter. Noch drei Minuten. Ganz langsam funken inzwischen trocken gelegte Hirnzellen Bilder der letzten Nacht. Es stellt sich die Frage, warum es so viel Freude macht, Typen im hackefeuchtfröhlichen Zustand zu fotografieren, wie sie eine Zimmerpalme ablecken. Allerdings lässt sich nur so das Seramis – Ton – Granulat in Hodenhaltung erklären. Eine Frau mit Kinderwagen emanzipiert sich kopfschüttelnd, als ich in ihre Richtung nass abhuste. Die Bahn kommt, ich fasse neuen Mut. Hätte ich die Chance einer Karriere, träfen mich die zahlreichen Beweisfotos letzter Nacht massiv sensitiv. Beim Zustieg beschwöre ich nie wieder Wortspiele auf Kosten des Inhalts zu machen. Hinter den zum Teil durch mich verschmierten Fensterscheiben zieht eine Welt an mir vorbei, die sich meiner geniert. Ungreifbar scheint der Traum nach mobilen Wasserspendern, wieder benutzbarem Grillbesteck und frischen Wassermelonen vom Wochenmarkt. Ich seh Kondensstreifen am Himmel. Sie verheißen eine neue Zeit des Aufbruchs. Große Taten warten. Zu Haus blick ich in den Kühlschrank. Fünf offene Marmeladengläser, doch kein Geld für Brötchen.
theralf - 21:51

Ich les es immer wieder, wenn ich schlechte Laune habe. Sprache als Ästhetik an sich! Ein Meisterwerk und Hochgenuss! Wenn Helene Hegemann eigene Ideen hätte und dabei aussehen würde wie Lena Meyer-Landrut, könnte sie immernoch einpacken!

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